Gestaltung der Reihe »schritte«
Die ersten drei Ausgaben der Reihe »schritte« erschienen 1959 und 1960 in der Umschlaggestaltung von Ursula Reichardt, Berlin. Die Typographie, von Wolfgang Fietkau eingerichtet, verwendete die Renner-Futura.
1961 begann die Zusammenarbeit mit Christian Chruxin, der das Kleid der Reihe »schritte« entwarf, in dem sie heute bekannt ist. Dazu gehören das quadratische Format von 16 x 14 cm, je ein Vor- und Nachschaltblatt in der Schmuckfarbe des Titels. In der Wiederholung des Titeldruckes auf dem Vorschaltblatt erscheint der farbige Teil des Titels z. B. „schritte vier“ monochrom, also Ton auf Ton in gleicher Farbe. Die Rückseiten der Umschläge enthalten eine aus der Titelseite entwickelte Typographik und der Buchrücken eine von oben nach unten zu lesende Zeile in der „Brotschrift“ des Werkes.
Verwendet wurde die halbfette Akzidenz Grotesk von Berthold, auf dem Titel in 48 Punkt und zwar so kompreß, daß die Ober- und Unterlängen jeweils in den Raum der angrenzenden Zeilen ragten. Auch der Satzspiegel, der für alle Seiten einschließlich des Umschlags gilt, war damals ungewöhnlich: ein schmaler Rand von knapp 7 mm rundum gleich schmal, die Zeilenlänge 28 Cicero – so maß man damals noch.
Die Gestaltung der »schritte« trug, neben den ab 1961 neuen Autorennamen wie Christa Reinig, Konrad Bayer, Franz Mon, Wolfgang Bauer, Ferdinand Kriwet, Kurt Marti, Reinhard Döhl, Ludwig Harig, erheblich dazu bei, daß die Reihe von der Kritik in Deutschland und darüber hinaus, beachtet wurde.
So weit bekannt, war Christian Chruxin, ein Vertreter der Kasseler Schule, 1962 der erste Buchgestalter, der hier in einer streng formalen Buchumschlaggestaltung einen Buchstaben senkrecht durchschnitt, weil die Zeile zuende war, und mit dem „Rest“ des Buchstabens die folgende Zeile begann.
Diese Gestaltung der Reihe stieß vereinzelt auf rigide Ablehnung. Zur Erinnerung: damals erlebte Deutschland, etwa durch die Arbeit von Willy Fleckhaus für „Twen“ und für Suhrkamp, einen Frühling in Typographie, - was freilich erst später, im Rückblick, erkennbar wurde. Seit 1968 hat Wolfgang Fietkau die Gestaltung der Reihe im Sinne Chruxins selbständig fortgeführt.
Schon Ende der 60er Jahre fand man sie in den großen Bibliotheken der Welt, wie z. B. in der Library of Congress in Washington. Die Times schrieb über sie in ihrem Literary Supplement „Eine der beiden besten Reihen aus Deutschland und wahrscheinlich die am besten gestaltete und gedruckte Reihe, die heute irgendwo erscheint“.
Die großen Gestalter und Lehrer der typographischen Moderne, wie Günter Gerhard Lange oder Hans Peter Willberg, haben die Gestalt der »schritte« in Musterkatalogen und Vorträgen gewürdigt.
Als die Berliner Kunstbibliothek 2000 die Ausstellung „Poesie des Konkreten“ mit Arbeiten aus der Kasseler Schule zeigte, gehörten dazu selbstverständlich auch die frühen Titel der Reihe »schritte«.
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